GT 638
BzG 63/3 - GN 2/317
7. Modus mit starkem Anteil des 3. Modus.
ad NMA manducat vide et 0716
“Vox” zwei Töne? Wenn es stimmt, daß Kl die richtige Tonanzahl bringt (so in den Gregorianikkursen Essen), dann ist die Virga strata als Virga (1 Ton) zu verstehen, die durch einen hinzugefügten Oriscus näherhin bestimmt (definiert) wird (beachte auch die Graphie in MR). Im vorliegenden Fall ist dieser eine Ton lang, sehr lang ( Episem+tenete), aber trotzdem nur 1 Ton (keine Reperkussion). Die Virga strata kündigt hier den äußerst ungewöhnlichen Anfang einer Antiphon im 7.Modus an: ohne Intonation (weder von sol, noch von do) Beginn auf der Rezitation re!
“au-dita est” Isolierter Oriscus Abgesehen davon, daß die Melodie nachher nicht tiefer weitergeht, ist der Oriscus kein Grund, eine Liqueszenz zu schreiben. Seine Aufgabe ist wohl zu verhindern, daß bereits “ploratus” oder “ululatus” zu stark betont werden. der Sprachbogen muß mindestens bis “rachel” reichen.
“au-di-ta est” Der klassische k Pes mit unsionischem Anschluß zur vorherigen Neume. Er ist immer sehr leicht. Der nicht unisonische Terzpes in Bv könnte ein Hinweis auf die Leichtigkeit und Unbestimmtheit des ersten Pestons im k Pes sein. Gleiche Situation bei “vox in ra-ma”
“u-lu-la-tus” Die beiden Virgae stratae haben unterschiedliche Bedeutung!
“u-lu-latus” Nach der Rezitation re kommt nun Rezitation do. Die Virga strata etabliert die Ebene do. Alle irgendwie relevante Hss (A+Y+Bv34+Kl) sehen das als nur 1 Ton (siehe “vox”). “u-lu-la-tus” Der k Halbton-Pes si-do hat einen ersten Ton, der fast nur ein Schleifer (portamento) ist (k Pes). Kl sieht diese Silbe auch nur als 1 Ton. Die beiden virgae stratae zeigen also eine spezielle Klangqualität der beiden (praktisch Einton-)Silben. Während die erste Silbe sehr bestimmt angesungen wird, wird die zweite Silbe von unten angeschliffen. Keinesfalls sind hier zwei Halbtonpedes zu singen.
“ra-chel” Die Verdoppelung des Gipfeltons do verschweigt das GT. Das Quilisma ist in Ch + MR ein Ton
“filios su-os” Der Torculus is in Bv34 zum do geführt! Daß Kl das bestätigt ist nicht zwingend (greg.Choraldialekt), aber Ch schreibt eine levare tenete (lt) und bestätigt damit das do. MR schreibt ein Quilisma; sic! Selbst Mp geht zum do, warum dann GT nur zum si geht, ist nicht nachvollziehbar. Das Intervall zwischen 1. und 2.Ton des Torculus ist eine Terz, das Quilisma als Ton zu verstehen, erlaubt keine Hs. Auch der lange Abstrich des Torculus in E weist auf eine Quart, und damit auf den Gipfelton do hin.
“no-lu-it” Der “Quilisma-Scandicus ist in MR nur Pes.
“con-so-la-ri” k Pes. Die entscheidenden diastematischen Hss A+Y+Bv34 schreiben Einton re. Das bestätigt die Leichtigkeit (bis Nichtvorhandensein) des 1.Tons des Pes.
“qui-a” MR Quilisma ist kein Ton! Ebenso Ch; der Quilismaton kann nur das do sein. si gibt es nicht. Das „si“ in der absteigenden Line (6.Ton der Silbe) ist ein „sa“: si-be-molle. Im Vergleich mit den beiden anderen Vorkommen dieser Formula (Neume) 0716, 0616. BzG ist mit seiner Bemerkung Nr.7 richtig.
“Vox” Die Virga strata legt den Ténor fest: “Stück im Tetrardus authenticus, es beginnt mit vollem Einsatz, sofort auf re!”. (Kl hat nur einen Ton re). Dieser Anfangston ist sicher lang, eine Repercussion ist nicht unbedingt angebracht. “au-dita” Neuerliche Festlegung des re als Ténor bevor die Melodie höher geht, oder eher Hinweis dass der erste Ton des folgenden Pes tiefer ist: do (do nur in Bv). “u-lu-latus” Virga strata fixiert den neuen tieferen Zentralton do! Ch und MR schreiben Virga strata, alle anderen Einton do! “ulu-la-tus” Halbtonpes. Alle, außer Kl, schreiben Pes. “su-os” Torculus la-do-sol. Der Aufstieg zum do ist notiert in Ch durch “lt” levare tenere, MR durch Quilisma! Diastematisch ist er belegt durch Bv34, die “germanischen” Hss Mp und Kl sind keine Zeugen. “no-lu-it” MR Terzpes, “qui-a”alle Quilisma, außer MR kein Ton, Ch könnte als Einklangs-Salicus gelesen werden.