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gradual:tonoi_hist

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Tonoi historisch

Die Mess-Psalmodie (psalmodie ornée) besteht aus vier Melodieteilen: Incipit - Mediatio - Reintonatio - Terminatio, wobei die Terminatio grundsätzlich pentasyllabisch ist, das heißt die Melodie liegt auf den letzten fünf Silben des Textes ohne Rücksicht auf die Akzente, rein silbenzählend. Die Handschriften notieren das Psalmmodell meistens in einer Kurzform (breve) bestehend aus Incipit und Terminatio, so in Bv33,40,35. Die ältesten Handschriften L, Ch, MR und G339, Bam notieren grundsätzlich nur das Textincipit ohne Neumen, wo in L Neumen notiert sind, sind sie a.m.

Y notiert die Kurzform, wobei das Psalmincipit mit der Doxologieterminatio verbunden wird.
A schreibt grundsätzlich Psalmincipit, gefolgt von Doxologie in Kurzform (Incipit+Terminatio), aber auch der volle Psalmvers kann notiert sein.
Ang setzt seine Neumen in Kurzform auf die Buchstaben der Doxologie „oiaeuouae“ (gloria-saeculorum amen) und lässt den voll ausneumierten Psalmvers folgen.
Umgekehrt handelt Zt. Auf den ausnotierten Psalmvers folgt die Kurzform der Doxologie.
Nur das Incipit notiert G342.
Den vollen Psalmvers ohne Doxologie neumieren G376, G374, Kl, Bv34, Bv39.


1. Ton

Der erste Ton lebt im Tonraum der großen Terz „fa-la“, den er bis zum „do“ übersteigt um, eine kleine Terz unter seinem Tonraum auf „re“ zu enden.

Er beginnt mit einer zweisilbigen Intonatio (INT) „fa“ und kPes „sol-la“, der in den jüngeren Handschriften Ang und Mod zum Torculus wird. Die Mediatio (MDT) ist zweiakzentig. Der Terzpes des vorletzten Akzentes „la-do“ ist in Ang zur Virga („do“) reduziert. Y schreibt in 0019 den ganzen Psalmton aus. Der Terzpes ist hier mit Quilisma versehen (pes quilismaticus).

Die Reintonatio (novum = NOV) führt über Clivis „sol-fa“ und Pes „sol-la“ wieder zur Rezitationsebene „la“ zurück. Einzig Ang reduziert die Formel auf eine Virga, wohl „sol“ zurück. Die pentasyllabische Terminatio (TER) führt vom Torculus „la-do-la“ zur Finalis „re“.

Grundsätzlich macht der 1. Psalmton vor allem in den beneventanischen und St. Galler Traditionen einen unwandelbaren Eindruck. Sie kennen fast keine Differentiae. Die Differenzierungen sind offensichtlich eine spätere Entwicklung. Trotzdem beginnen sie schon in den frühen Handschriften Benevents: Wenn der Introitus hoch mit „la“ beginnt, wird der Finaliston „re“ liqueszent zum „fa“ hochgezogen. (Bv40 0139, 0144, Bv33 0101, 0143, Bv35 0139). Die eigentliche Entfaltung der Differentiae beginnt mit den Aquitaniern.

Y kennt sechs unterschiedliche Endungen, von denen A vier ebenfalls verwendet: Normalfall zum „re“, zum „la“, zum „mi“, ein zweites Mal zum „la“ diesmal unter Beibehaltung der Tristropha. Die Differentiae zum „fa“ und zum „sol“ übernimmt A nicht. Mod verwendet außer dem Normalfall noch zum „la“ und zum „mi“, Ang zusätzlich nur zum „la“. Alle diese Differentiae werden ziemlich häufig angewendet. Die beiden Ausnahmefälle, in denen E die Differenz zum „mi“ bringt (0064, 0152), leiten zur klassischen QuintIntonation des IN des 1. Modus über. Das „mi“ wäre der erste Ton bei drei praetonischen Silben (cf. 0057). Solesmes führt diese Differenz zum „fa“, was in keiner Handschrift belegt ist.

Der für A und Y typische überbordende Variantenreichtum wird noch verstärkt durch drei Schlusstonmelismen in Y (0019, 0050, 1240) von denen eines in A (ebenfalls 0019) verkürzt verwendet wird. Bezüge zu den AL des 1. Modus sind nicht zu übersehen.


2. Ton

Der zweite Ton nützt wie der achte Ton den Tonraum des Tetrachord (sol-la-si-do), im Gegensatz zu diesem ist jedoch nicht die Quartspannung maßgebend, sondern die kleine Terz „do-la“ (= „fa-re“).

Das Incipit ist in den st.galler Handschriften und Kl grundsätzlich und ausnahmslos syllabisch („sol“-„la“-„do“) als klares Unterscheidungsmerkmal zum Incipit des 8.Tons. Die beneventanische Quellenlage ist ambivalent. Das graphische Zeichen für die zweite Silbe charchiert zwischen dem Zeichen für die Acuasta, die für einen leichten flüchtigen praetonischen Ton steht und der Clivis. Bv40/Bv39 schreiben eine Acuasta, Bv33/Bv35 eine Clivis, die eine leichte Tendenz zur Acuasta hat. Der jüngste beneventanische Codex Bv34 schreibt manchmal deutlich Clivis, manchmal deutlich Acuasta, manchmal eine Mischform. Sollte das der Versuch sein eine Clivis mit schwachem Ende (terminatio debilis) zu schreiben (vide Xa)? Y, Bv35 und Zt lassen in unterschiedlicher Weise ein „sol“ aus. Ein offensichtlicher Verweis auf die Leichtigkeit des kQuartpes (vide Xb). Diese Quellenlage zeigt eine historische Entwicklung vom syllabischen zum umspielten Incipit.

Die Mediatio hat zwei unterschiedliche Formen, die nicht historisch zugeordnet werden können, aber geographisch: Die beneventanischen Handschriften steigen auf dem vorletzten Akzent zum „re“ auf und enden mit der Clivis „do-si“, sind also akzentzählend (Bv33 und Bv35 schreiben Kurzform, daher keine Angaben zur Mediatio). Auch Kl steigt zum „re“ auf, allerdings auf der letzten Silbe vor dem letzten Akzent (silbenzählend). G342 notiert meist nur das Incipit, manchmal Kurzform. Alle anderen von uns benutzten Quellen bringen drei Silben vor dem letzten Akzent Clivis „do-si“ und Pes „do-re“ mit Ende auf „do“. G374 leistet sich den Luxus drei verschiedene Mediationes ganz beliebig (?) anzuwenden: die Umspielung wie in den meisten Handschriften, die Form von Kl und eine reduzierte Umspielung zwei Silben vor dem letzten Akzent mit Einton „si“ und „do“. Immer endet die Mediatio mit Clivis „do-si“ wie in E.

Die Reintonatio (novum) besteht meist aus Clivis „do-la“ und Pes „si-do“. A und Kl verwenden eine Silbe „la“ vor der Rezitation „do“, Zt Einton „do“ und Terzpes „la-do“. Woher Solesmes Clivis „do-la“ und Pes „la-do“ nimmt, ist nicht nachzuvollziehen. Ist der Pes allerdings ein kPes (=Virga urgens), so wird diese Frage hinfällig.

Die pentasyllabische Terminatio ist in allen Quellen nahezu unverändert. Neben Kl, das die beiden „si“ zum „do“ hebt, wie es der Natur dieser Handschrift entspricht, fällt auf der vorletzten Silbe die Reduktion der Clivis „si-sol“ zum „si“ in Mod auf. Ebenso ist in Bv33 und Bv40 diese Silbe immer liquesziert (Cephalicus).


3. Ton


4. Ton


5. Ton


6. Ton


7. Ton


8. Ton

gradual/tonoi_hist.txt · Zuletzt geändert: 2022/05/01 16:19 von 127.0.0.1

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