Inhaltsverzeichnis
Psalmodie 4
OFF-PS
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MESS-PS
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RP-PS
VERBUM PRIMUM ex syllaba ultima
Das verbum primum ist von der letzten Silbe her aufgebaut.
Die ein bis fünf Silben vor der letzten Silbe rezitieren auf „la“.
Ist die Akzentsilbe hervorzuheben, so geschieht das mit Cephalicus (liqu.augm.)
Bei PPO erhält die Binnensilbe (vor der Schlusssilbe) wie oft einen kPes.
„Israél“ 7256, 7354 und „Hic ést“ 7782 sind Oxytona, auf der letzten Silbe betont. Sie sind Varianten. In diesen Fällen ist aber die gesamte Psalmodie variiert.
Bei „Israél“ ist der Psalmtext so lang, dass er mit Flexa gegliedert ist. „Bei „Hic est“ ist auch der Schluss stark variiert.
rezitatio 1 et MEDIATIO
Die rezitatio prima rezitiert auf „la“
▪️ Ist die erste Silbe nach dem VP akzentuiert, so steht kPes „fa-sol“. Siebenmal ist dieser Pes zum Cephalicus reduziert, die Quellenlage dazu ist mager. In Tol + Bv bleibt der kPes „fa-sol“ bestehen. Lc+Fo notieren in drei Fällen kPes „re-sol“. Bei 7719 schreibt H Epiphonus mit 'altius', was auf die Quartspannung „re-sol“ hindeutet; Bv + Fo unterstützen das mit ihrem Quartpes. Wir verstehen den Epiphonus als Reduktion des Akzentgewichtes dieser ersten betonten Silbe, daher „fa“.
▪️ Die Akzentsilben auf der Rezitation sind mit kPes „sol-la“ hervorgehoben (Bold). Ein Epiphonus in der Rezitation (Bold red) zeigt an, dass eine mögliche Akzentsilbe nicht hervorgehoben werden soll , der Epiphonus verhindert einen zweiten Ton (diminutive Liqueszenz). Trotzdem kann diese Silbe einen geringen Mehrwert haben, einen minimalen Stau, aber ohne einen zweiten Ton (augmentativ liquenziert).
▪️ Mediatio, drei Silben vor dem letzten Akzent: Eine oder beide Clv der drei Silben vor dem letzten Akzent können ebenfalls durch Liqueszenz zum Einton reduziert sein. Ist die zweite Clv liquesziert, so provoziert dieser Stau den folgenden Akzent. Ist die erste Clv ein Epiphonus, betont sie diese Silbe selbst oder das dazugehörige Wort. Je zwei Beispiele können das belegen:
Keine Liqueszenz: der Text ist ohne extra Betonung abgesprochen:
7052 Ascendit deus in iubilatione.
7610 Requiem aeternam dona eis domine.
Liqueszenz der zweiten Clv: der letzte Akzent ist hervorgehoben:
7126 Ad hoc tantum: sub clámide terreni im)périi.
7415 Cumque aspicerat beatus stephanus in) cáelum.
Liqueszenz der ersten Clv: das Wort zuvor wird betont.
7312 Audi fili mi disciplínam) patris tui.
7719 Quoniam magnus és tu et fáciens ) mirabilia.
Zwei Liqueszenzen: der vorletzte und der letzte Akzent sind betont:
7384 Cantate domino cán)- ti-cum) nóvum.
7480 Ille erat lucerna ár)dens et)lúcens.
Die Funktion von Cephalicus und Epiphonus hat Godehard Joppich erstmals dargestellt in G.J „Ritenuto, Ritardando und accelerando“, in: „Psallite sapienter“ Festschrift zum 80. Geburtstag von Georg Béres, Budapest 2008
▪️ Mediatio, Die CAD-Formel: Trc + Clv entspricht der CAD dt, ohne Strophicus und entspricht den MED-Formeln im 2., 3., 6., 7. und 8.Ton in je unterschiedlichem semitonalen Kontext. Bei PPO wird superveniens anticiptata eingesetzt. In 7187 verkürzt H die Formel, das Wort „pauper“ individuell ausdeutend. Die Auslassung ist mit Liqueszenz angekündigt. Keine andere Quelle folgt dem.
FLEXA
Ist die erste Psalmverhälfte zu lang, wird sie, wie in der OFF- und MESS-Psalmodie mit Flexa unterteilt. Der Trc der MED-Formel wird zum Pes „mi-fa“ verkürzt und die Clv einen Ton tiefer gesetzt „mi-re“
Die Responsorien mit eigenem VP 7354, 7256 und 7782 verwenden ebenfalls Flex und eine angereicherte Rezitatio 1 beginnend mit TrcINT, gefolgt von einer Reihe Pes un d Clv. Die Reintonatio nach der Flexa besteht aus „fa“ und kPes „sol-la“ bevor iwieder die Rezitationsebene „sol“ erreicht wird. Bei den drei Responsorien mit eigenem VP ist auch sie angereichert: über TrcPAR führt si zum kPes „la-si“. Entgegen 7354 und 7256 ist der Schluss der Rezitatio 1 in 7782 wieder normal.
rezitatio 2 et TERMINATIO
Die zweite Psalmvershälfte besteht aus Reintonatio, Rezitatio „mi“ und pentasyllabischer Kadenz.
▪️ Die Reintonatio verwendet „fa“ und kPes „re-mi“. Das ist die Eröffnungsformel des Cento 4A f. Soll die zweite Silbe etwas mehr Gewicht erhalten wird sie zum Cephalicus „re“ reduziert.
Ohne zusätzliches Gewicht:
7765 faciébat prodigia et signa magna
7513 dum assúmptus fuero
Zusätzliches Gewicht:
7140 ex in)férno
7513 et ín) síon habitatio eius
7193 et ín) ténde prospere procede et regna
▪️ Die Rezitatio 2 („mi“) unterdrückt wie Rezitatio 1 mögliche ungewollte Akzente mit Epiphonus. Gewollte Akzente werden hingegen mit eintonigem Pes (Virga strata „fa“) dargestellt.
Der Nebeneinander von kPes als Akzent aus „sol“ und Virga strata aus „mi“ wird von der opinio communis als Beweis für die Virga strata als „Halbtonpes“ gesehen. Nun ist der erste Ton des kPes so leicht, dass er auch entfallen kann, er trägt nicht wirklich ein Gewicht. Einen Pes in der Halbtonspannung „mi-fa“ aus der Rezitation „mi“ heraus zu singen, würde mehr Sorgsamkeit benötigen, als es eine leichte Akzentuierung haben sollte. Hier den Akzentpes zu einem eintonigen Pes zu reduzieren ist folgerichtig.
▪️ Pentasyllabische Kadenz
Die pentasyllabische Kadenz unterscheidet sich in H und MR in zwei Punkten: die drittletzte Silbe hat in H einen anlautenden Ton mehr, die letzte Silbe, in H eine Clv, ist in MR ein Trc. Ein dritter Punkt, die vorletzte Silbe könnte in MR die strophische Form (siehe unten) sein, die Graphie in 7354 ist nicht eindeutig.
Im Sonderfall „Israél“ 7256, 7354 neumiert auch MR ausnahmsweise auch den Psalmvers. Somit wird der Unterschied zwischen traditio frOr ( H, Ka, Tol fehlt) und frOc (MR, Wc) sichtbar. Lc + Bv19 notieren nicht den Trc am Schluss wie sonst in der traditio frOc.
• Die letzte Silbe endet viermal mit Pesbewegung (Einklangssalicus „mi-mi-fa“), daher colon.
• Elfmal ist die letzte Silbe circulatio, elf Texte die durchaus Zuneigung, Dankbarkeit, Freude
Lächeln ausdrücken können und sollen.
• Viermal wird die circulatio weiterentwickelt, immer mit Resupinbewegung am Schluss, daher colon.
7769 reges arabum et saaba dona adducent : et apertis thesauris suis…
7289 Indicans namque discipulis quale eis signum fieret : quibusdam longe manentibus; nur in H.
7441 Isti sunt … et laverunt stolas suas in sanguine agni : modo coronantur; in H + Wc
7772 voce magna clamantem et dicentem : isti sunt viri sancti…; in allen Quellen.
• Die vorletzte Silbe ist in zweifacher Weise überliefert: einerseits als ScaFlxRes und andererseits ohne den Unterschwung zum „mi“ als ScaFlx mit Apostroph. Ein Vergleich der Tableaus zeigt, dass Wc und Fo immer die Porrectus-Form verwenden, Ka und Lc immer die Strophicus-Form. Eine Zuordnung zur traditio frOr oder frOc ist dadurch erschwert, dass hier T2 mit Wc+Fo und Bv mit Ka+Lc geht, also vertauscht zugeordnet sind. Gf verwendet ausschließlich den Strophicus (westfränkisch?). In H hingegen werden beide Formen verwendet in einem Viertel der Fälle ( 23x) der Strophicus.
▪️ Drei Ausnahmen nehmen Rücksicht auf wichtige Silben und durchbrechen die pentasyllabische Struktur, die ja nun keine Rücksicht auf Akzente nimmt:
7468 et magnitudinem eius nón est finis. viertletzte Silbe.
7719 Quoniam magnus es tu et faciens mirabilia tú és déus sólus. Von den letzten sechs Silben sind vier wichtige Akzente.
7719 hic est qui multum órat. Das viele Beten verdient 17 Töne!