Dieses Responsorium ist ist ein Musterbeispiel zu den Themen Quilisma und Plerosis.
„mi-hi“ H + MR schreiben Quilisma, um den Terzschritt nach oben anzuzeigen. Nur das sehr späte Lc wagt einen Durchgangston, die Auqitanier notieren das Quilisma.
„de-us“ H schreibt Quilisma, MR notiert einen Pes disgregatus (disgregatus wegen des tieferen Tons zuvor „et“). Keiner überträgt das Quilisma als Ton! T1 verteilt die zwei Töne des Terzpes auf zwei Silben.
„et“ inferius in H spricht gegen Wc+Fo, die beiden Quellen, die den Cento zuvor auf „do“ enden.
„do-mi-nus“ + „me-us“ Die beiden CAD-Formeln mit Porrectusbewegung, in H + MR mit Quilisma eingeleitet, schreiben in allen diastematischen Handschriften an der Stelle des Quilisma einen Ton. Das muss nicht unbedingt als Interpretation des Quilisma verstanden werden, sondern ist eher der Plerosis geschuldet. Wo T1 noch ein Quilisma notiert, schreibt T2 bereits einen Ton.
„spe-i“ Im CAD-Melisma sind die beiden Quilismata auch fast überall durch einen Ton ersetzt, T1 notiert noch beide Male Quilisma, T2 nur noch das zweite Mal. In Lc+ Wc allerdings ist das zweite Quilisma kein Ton.
„re-fu-gium“ In dieser oft wiederkehrenden CAD-Formel ist die anlautende Terz (weder in H noch in MR Quilisma!) nur in Fo + Zw mit einem Ton aufgefüllt. T2 schreibt Quilisma, T1 wie auch H + MR nicht: Diese Formel kennt jeder, ein Hinweis auf das Intervall ist unnötig.
Alles in allem ist gerade der Terrzabstand des Quilisma der Ort, wo sich die Plerosis am meisten austoben kann. Aber nicht nur dort: eine bloße Rezitation löst schon im 10. Jahrhundert einen „horror vacui“ aus und muss durch Auf- oder Abwärtsbewegung aufgelöst werden („et“ Wc+Fo, aber auch der Nebenton der Liqueszenz in Bv).
„Fac-tus est mi-hi“ Die Häufung von Akzentpedes in Bv kann nur als Plerosis erklärt werden. Mag der Pes auf „mi-hi“ noch ein echter Akzentpes sein (auch in MR, nicht aber in H + Mc), so ist der Pes auf der Endsilbe „fac-tus“ nicht mehr als Sprachkunst verstehbar, sondern als den authentischen Choral verlassende Anreicherung, als Plerosis.
Noch etwas lässt sich hier beispielhaft ablesen: Benevent (Süditalien) geht grunsätzlich/eher mit den Westfranken (frOc = MR), während Aquitanien (Südfrankreich) grunsätzlich/eher mit der ostfränkischen Tradition (frOr = H) geht. Darüber hinaus zeigt frOc (MR + Bv) einen „moderneren“, neuen Entwicklungen offenen Zustand der traditio cantus, während frOr (H + aquit) bei der traditio authentica verharrt.
A accentus finalis.
A
accentus finalis cum colon. vere non typos . affinis 7E i + 7E if, vicinus 8A f.
Cento E in positio B verschmilzt die 1. und 2. Periode zu einer einzigen.